Mit ihrem zweiten Konzert in Deutschland seit vier Jahren zeigen Death Cab For Cutie, warum sie in den 2000er-Jahren eine herausragende Band waren und mit ihrem aktuellen Album Asphalt Meadows zu großen Teilen wieder daran anknüpfen.
Mit Slow Pulp hat sich die Indierock-Band einen anderen Genrevertreter als Support ins Boot geholt, der die lauten und leisen Töne genauso gut beherrscht wie sie selbst. Während des halbstündigen Auftritts bricht die Musik des Quartetts mal in Alternative-Rock-Gefilde aus, mal bleiben die Songs balladesk. Emotionen werden zudem über die starke Lichtshow vermittelt. Während die Bühne etwa beim ruhigen Opener Idaho in dunkles blaues Licht getaucht ist, erstrahlt sie bei lauteren Songs wie Track farbenfroh und hell. Sängerin und Gitarristin Emily Massey wickelt das Publikum hingegen mit ihrer zwischen Raucherkneipe und Samtgardine pendelnden Stimme um den Finger, während ihre Haare im Wind wehen. Nachdem sie im abschließenden Montana zur Mundharmonika greift, ertönt lauter Applaus – den ein oder anderen Fan haben Slow Pulp sicher dazugewonnen.
Von denen haben Death Cab For Cutie noch immer einige, schließlich ist das 2.000 Menschen fassende E-Werk heute sehr gut gefüllt und nur knapp nicht ausverkauft. Möglich, dass auch dies in Frontmann Ben Gibbard so viel Motivation auslöst, dass er die Bühne energiegeladen betritt und hibbelig mit den Füßen wackelt, bis er den ersten Song I Don’t Know How I Survive anstimmt. Mit Roman Candles folgt ebenfalls ein Song von Asphalt Meadows, ehe das von Transatlanticism (2003) stammende The New Year den ersten älteren Song darstellt und vom Publikum mit Jubelrufen begrüßt wird. Nach Cath… und dem heute ältesten Song, A Movie Script Ending von The Photo Album (2001), markiert das treibende Here To Forever ein erstes Highlight vom im vergangenen September erschienenen elften Album. Das macht mit acht Songs heute ein Drittel der Setlist aus. Bis auf den Anfang platzieren Death Cab For Cutie die Songs immer einzeln, sodass man – wenn man es nicht besser wüsste – alte von neuen Songs kaum unterscheiden könnte. Gerade Material wie das wunderschöne Rand McNally steht Großtaten von Alben wie Transatlanticism oder Plans (2005) in nichts nach. Erst am Freitag hatte das Quintett eine akustische Version der Platte inklusive des neuen Songs The Plan veröffentlicht. Sowohl The Plan als auch eine reduzierte Version eines neuen Songs bleiben heute jedoch außen vor. Akustisch wird es lediglich in dem genau in der Konzertmitte platzierten I Will Follow You Into The Dark, bei dem der den Song allein mit einer Akustikgitarre vortragende Gibbard wie erwartet von zahlreichen Handys gefilmt und vom Publikum lautstark unterstützt wird. Getragen wird der Auftritt von Death Cab For Cutie zudem von einer fantastischen und stets der Dynamik der Musik angepassten Lichtshow. So werden etwa die Northern Lights von einem Kaleidoskop an Farben dargestellt.
Doch nicht nur der in seinen wenigen Ansagen stets gut gelaunte Sänger und Gitarrist ist heute gut aufgelegt, die Band hat sichtlich Spaß an ihrem Zusammenspiel. Insbesondere beim mehrminütigen Prog-Intro des achtminütigen I Will Possess Your Heart, nach dem sich Gibbard ans Klavier setzt und das für einige frenetische Reaktionen in der Menge sorgt. Weiter geht es in der stärksten Phase des Konzerts mit dem tollen Your Heart Is An Empty Room, ehe mit dem von einem ausladenden Refrain getragenen Asphalt Meadows ein weiterer starker neuer Song folgt. Nach dem verspielten The Ghosts Of Beverly Drive weichen Death Cab For Cutie erstmals von der bisherigen Setlist ihrer Europatour ab. Anstelle von We Looked Like Giants spielen sie You Are A Tourist und das leider komplett gestrichene The Sound Of Settling wird vom vorgezogenen Soul Meets Body ersetzt. Den regulären Konzertteil beschließt weiterhin das ebenfalls neue Foxglove Through The Clearcut mit doppeltem Spoken-Word-Part und rockigem Finale. Anstelle der bisherigen ersten Zugabe Brothers On A Hotel Bed spielen Death Cab For Cutie das zwei Jahre ältere Lightness. Weiter geht es wie bislang mit Pepper, ehe statt Soul Meets Body das bejubelte Marching Bands Of Manhattan folgt. Für das abschließende Transatlanticism setzt sich Gibbard ein letztes Mal ans Klavier, bevor er für das aufbrausende Finale wieder zur Gitarre greift. Der Titeltrack des Albums, mit dem die Band aus Bellingham, Washington vor 20 Jahren zum ersten Mal in Deutschland aufgetreten ist, beschließt nach 110 Minuten auf die bestmögliche Art und Weise ein von vorne bis hinten starkes Konzert, das für einen wohligen Wochenausklang sorgt.